Das Ausgrabungsgebiet Santa Anastasia: Das Dorf Und Der Brunnen

Das Ausgrabungsgebiet Santa Anastasia: Das Dorf Und Der Brunnen

Das Ausgrabungsgebiet von Santa Anastasia mit seinen vier nuragischen Brunnen (von denen lediglich der vollständig ausgegrabene Brunnen besichtigt werden kann) ist eine Besonderheit der gesamten Insel, da sie die einzige Stätte ist, die sich im Inneren eines Ortes befindet.

Das Dorf hatte sowohl eine zivile, als auch religiöse Funktion und wurde in der sogenannten Spätbronzezeit (1300-1200 v. Chr.) errichtet, also etwa 1300 Jahre vor der Geburt Christi und ca. 600 Jahre vor der Römerzeit. Sowohl in der postnuragischen Zeit als auch in der anschließenden christlichen Epoche wurde es noch für religiöse Zeremonien genutzt. Während seiner langjährigen Bauzeit (heute erstreckt sich das Dorf größtenteils unterhalb der modernen Siedlung) führte Moses die Juden aus Ägypten und in Griechenland erblühte die Stadt Mykene.

Der große und eindrucksvolle Brunnen wurde zum ersten Mal vollständig von dem Archäologen Taramelli im Jahr 1913 ausgegraben und wurde zunächst in der Kirche Santa Anastasia untergebracht.

Er ist aus Basalt- und Kalksteinblöcken gefertigt, etwa 12 Meter lang und nach Nordosten/Südosten ausgerichtet. Er besteht aus einem kreisförmigen, tief in den Boden gegrabenen Raum, den man über zwölf Stufen erreicht. Das Ganze wird von einer Tholos überdacht, einem sakralen Rundbau, der von einer falschen Kuppel gekrönt wird. Der heilige Brunnen war in vergangenen Zeiten bekannt als „Funtana de is dolus“ (d.h. Quelle des Schmerzes), da das Wasser, das einer nahe gelegenen Quelle entsprang und durch eine Öffnung gebündelt wurde, als gesund und heilkräftig erachtet wurde. Ein weiterer Brunnen ist zwar sichtbar, kann jedoch noch nicht betreten werden. Dieser befindet sich rechts neben der Kirche Santa Anastasia, in symmetrischer Anordnung zum Hauptbrunnen, der etwa 10 Meter entfernt liegt. Die Ausgrabungen rund um die Kirche förderten einige Hütten mit Töpferwaren und Bronzegegenständen zutage, die nun im Museum Villa Abbas und im Archäologischen Nationalmuseum von Cagliari ausgestellt sind.

Die Kirche

Die Kirche Santa Anastasia ist eine der ältesten Kirchen Sardiniens und sie ruht auf den Überresten einer nuragischen Siedlung. Die erste Anlage reicht zurück bis etwa 500 v. Chr., als Rom und sein Reich endgültig zu zerfallen beginnen, Europa und der Mittelmeerraum von den Invasionen der Germanenvölker erschüttert werden und Konstantinopel, das alte Byzanz, mehr und mehr an Macht gewinnt. Im Jahr 1913 finden erste Ausgrabungen in diesem Gebiet statt und die Kirchenfassade, für deren Erbauung auch Material nuragischer Gebäude verwendet wurde, wird abgebaut und um einige Meter an ihre heutige Position nach hinten versetzt.  Durch diese Maßnahme liegt nun der Zugang zum heiligen Brunnen außerhalb der Kirche. Rechts neben dem Mittelschiff befindet sich ein Taufbecken aus dem Jahr 1585. Auf dem Altar sieht man eine Madonnen- und eine Christusfigur. Nahe dem Eingang befinden sich auf der linken Seite einige aufgereihte Steinblöcke, die zur Außenabdeckung eines zweiten heiligen Brunnens gehörten, der sich zur Rechten der Kirche befand. Die Blöcke stellen, symbolisch gesehen, Brüste und Stierköpfe dar.

An der linken Mauer gibt es im hinteren Bereich einen heiligen Brunnen, der der alltäglichen Wasserversorgung diente. Ursprünglich befand er sich in der Hütte des Rates der Dorfoberhäupter, die heute teilweise außerhalb der Kirche zu sehen ist. Die Holzfigur der hl.  Anastasia befindet sich im hinteren Bereich an der rechten Mauer und stammt aus der Zeit um 1600. Diese Heilige war eine römische Frau, die während einer der Verfolgungen des letzten Kaisers Diokletian um 300 v. Chr. den Märtyrertod starb. Dieser Kult ist heute noch sehr lebendig in der orthodoxen Kirche und in vergangenen Zeiten wurde sie von Christen angerufen, um das Böse zu vertreiben, von körperlichen und geistigen Krankheiten und Vergiftungen geheilt zu werden und zum Schutz schwangerer Frauen. Die Figur wird traditionell mit einem Palmzweig oder einem Kreuz in der rechten Hand, sowie einem Glas medizinischer Produkte oder einem Buch in der linken Hand abgebildet.

Das Haus Pilloni

Am Eingang der Ausgrabungsstätte Santa Anastasia liegt das alte Haus Pilloni, das sehr wahrscheinlich aus dem 17. Jahrhundert stammt. Es gibt jedoch keinerlei Unterlagen, die das genaue Datum seiner Erbauung belegen. Es ist im Campidaner Stil gehalten und verfügt über die für ein Bauernhaus typischen Einrichtungen wie Ställe, Scheune und Getreidespeicher.

Heutzutage dient es als Kartenschalter für die Ausgrabungsstätte und als Verkaufsmöglichkeit von Büchern und lokalem Kunsthandwerk. Es ist jedoch auch ein kulturelles Zentrum, in dem regelmäßig Events mit Bezug zur Gegend und ihren Traditionen stattfinden und Platz geboten wird für Ausstellungen, multimediale Darbietungen und Workshops.